Mittwoch, 13. Februar 2013

Haus und Paradies.


Es galt, die Fähre aus Travemünde nach Trelleborg zu erwischen, und nach einigen hamburgischen Last-Minute-Reparaturen am betagten VW-Bus (T4) sattelten wir das Huhn und brummten los. Rudergirl Regina kennt die Strecke mit geschlossenen Augen und Drehwurm und wir ließen uns nicht lumpen sondern fuhren schnurstracks goldrichtig rauf aufs Boot. Fest verkeilt hieß es Alle Mann An Deck! Auf der großen Überfahrt besorgte ich mir den ersten und einzigen Sonnenbrand der Tour. Nun, was wir während der paar Stunden Aufenthalt an Bord taten: Wir brutzelten gehörig in der Sonne, lasen uns gegenseitig Karteikarten auf Französisch vor, spielten und ich ließ die zwei Grazien Einkaufen. Welch eine gute Idee! Zum Anglerglück fehlte uns nämlich noch die Angel. In weiser Voraussicht hatten wir alles andere im Gepäck (Angelschnur, Haken und Kreuzworträtselheft). Nun waren wir auch in dieser Hinsicht komplett.
Nach einer ruhigen, entspannenden Fährfahrt ging es also von Bord und schlichtweg geradeaus in Richtung Norden. Das Dalsland war unser Ziel, und wir verfolgten es rigoros. Bewunderten die herrliche Natur und sprangen kurz entschlossen in die Ostsee, Luftlinie gegenüber von Dänemark, lag irgendwie auf dem Weg. Weiter ging es, Schwedens West Coast entlang, und bald senkte sich die Sonne in Richtung Horizont. Es wurde dunkel, und die Steuerfrau fuhr eins A mit Sternchen mal mit Normallicht, mal mit Fernlicht und dazwischen in Intervallen auch mal ganz ohne Licht, weil es nicth leuchten wollte. Frohen Mutes verspeisten wir Rennautos aus Gummi aus der Weingummi-Ostersammlung und kamen tatsächlich irgendwann in Ed an, fanden unsere finale Destination allerdings nicht und wurden dann doch von unseren zwei Gastgebern am Wegesrand aufgesammelt. Im Konvoi à deux ratterten wir über Stock, Stein und Schlagloch und meinten hören zu können wie das Autochen langsam aber sicher desintegriert. War aber nicht so.
Ein Late-Night-Bier, eine Tour durch das Haus, welches wir die nächsten Tage unser Heim nennen sollten, Schlafsäcke ausgerollt und Handys aufgeladen und ab in die Koje: Ein ganzer Tag auf vier Rädern unterwegs zu sein raubte nicht nur dem Auto Kraft.
Der nächste Tag erstrahlte in holder Frische, Sonnenschein und Kaffeeduft. Windrauschende Baumkronen, Eilwolken am sonst blauen Himmel, wirrsurrende unzählige Insekten – Auf ins Abenteuer! Die Modalitäten: Ein Auto voll mit Leckereien, Wein und Weib. Ein Haus mit Wildwuchsgarten, fließend Strom und ohne Wasser. Ein hamburger Jung und vier hamburger Deerns.
Es folgte eine Woche Landidyll. Angeln und Blaubeeren und Pfifferlinge sammeln. Im See einmal Baden gehen, frischer Fisch und Armeen von Mücken. Ach ja, und die Special Guests betreuen: Ich hatte mir als besondere Freude zwei Hausarbeiten mitgenommen und war zeitweilig fleißig am Schreiben. Daher machte ich auch bei einigen Ausflügen einfach nicht mit: Ein paar Pfefferfindetouren mit Fischfangkombinat, eine Reise in den riesigen Nationalpark und damit vielleicht auch ein paar Schritte in Norwegen. Dafür kam ich mit ins Freilichtmuseum und fand heraus, dass ich genau 1,65 Meter groß bin. Und einmal Einkaufen war ich auch mit und fand heraus, dass Gurken ein sündhaft teurer Luxus sind für den man doch auch mal vier Euro pro Stück hinlegen kann. Oder warens doch fünf? Hm. Außerdem gab es im Haus das ein oder andere Mal ein ganz besonderes Event: die Guten Morgen Muskelkraft Girls (Regina, Katharina und ich) legten zwei Mal ihre einmalige Show auf die Dielen.
So hieß es jedoch irgendwann auch Adieu Håbol, Adieu Dals Ed, die Gastgeber reisen heim und wir gen Osten. Rein in den Bus und angeschnallt, wir machen uns auf die Reise ins Ungewisse!
Und rumpelten los. Bevor wir im Paradies ankamen mussten wir einige harte Prüfungen bestehen. Die Frontscheibe wurde mit Steinen bekannt, und die Beifahrerfensterscheibe stellte sich quer und wollte nicht mehr zugehen. Und das en passant einer Papierfabrik oder Müllverbrennungsanlage, und die stank mir gewaltig. Rudergirl Regina hatte den Skipperdreh raus und machte das Glas gefügig, mit ein bisschen sanfter Gewalt und der Anweisung, nicht mehr an der Kurbel zu drehen. Aye Aye, wird gemacht! Der Tag verging, wir saßen vergnügt im Auto und fanden am späten Nachmittag unser Paradies. Dies findet sich unweit eines offiziellen Campingplatzes doch wir Füchsinnen fuhren weiter und nisteten uns auf einem Wildcamp ein. Zelt aufgebaut, Menü zusammengestellt, Angel ausgeworfen und bald auch den Kocher aktiviert. Herrlich. Sich gegenseitig beglückwünscht, die Beine ausgestreckt und gemütlich am Glimmstengel gesogen. So ist das Leben doch schön! Und es war wirklich sehr, sehr schön. Und mir nachts ein wenig unheimlich, allein im Zelt, Elchen, Ottern, Bären, Füchsen, Schlangen und Campern ausgeliefert... Doch kann selbst das lauteste Herzklopfen bald nicht mehr wach halten und so entschlummerte auch ich irgendwann. Die anderen zwei hatten das Combi-Comfort-Ticket und sich einen Platz im Bett im Auto reserviert.
Und so ging es auch weiter, denn anstatt von Ort zu Ort zu hetzen gingen wir den Spaß entspannt an und blieben noch einen Tag im Paradies. Wenn man schon mal da ist. Und jede für sich machte ihre kleine Wanderung, die eine ging die ersten Schritte auf einem Boulderpath im Naturschutzgebiet, mit dem Klapprad Rad fahren und Holz sammeln, die anderen gingen Schwimmen und auch zu Fuß daher, bis man sich wieder traf und gemeinsam das Nachtmahl verputzte. Und am Feuer Zehen und Finger wärmte.

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